…durfte ich neulich erleben – oder so… Naja, jedenfalls bin ich angekommen.
„If you’re late, we won’t wait“, (Wenn Sie zu spät kommen, wir warten nicht auf Sie!) steht auf dem Easyjet-Schild, das über dem Gepäckband hängt. Und ich wünschte, ich könnte dasselbe sagen: Mein Flug ins schöne Lissabon hat drei Stunden Verspätung, wie mich mein nur mittel-freundlich grinsender Schalterangestellter informiert.
„Oh, servieren Sie mir dann gleich Café und Croissants?“, frage ich ihn mit einem Zwinkern. „Nein“, meint er, nun wirklich freundlich grinsend. „Aber hier haben Sie einen Bon über 4,50 Euro, den Sie entweder in einem der Flughafencafés oder aber an Bord einlösen können.“
Durch Café und Croissant gestärkt döse ich so eine Stunde später vor mich hin auf einem der grauen Ledersitze in der Wartezone, umgeben von anderen, wartenden und schlafenden Fluggästen. Aus meinem Nickerchen aufschrecken lassen kann mich dabei weder wirklich die wilde Horde Italiener, die kurzzeitig durch die Sitzreihen rast und dabei wild gestikulierend miteinander diskutiert, noch die nicht wirklich angenehme Duftwolke, die von Zeit zu Zeit aus Richtung Toiletten herweht.
Noch einmal zwei Stunden später habe ich schließlich den Sicherheits-Check hinter mich gebracht (nach einem ersten, vergeblichen Versuch – „das Gate ist noch nicht auf“, meinte das Security-Personal), blicke auf die von Regen durchnässte Startbahn, auf der noch immer kein Flugzeug nach Lissabon zu sehen ist. Gegenüber von mir lässt sich eine Französin nieder. „Jaha“, raunzt sie ins Telefon. „Keine Ahnung, ich hab das Telefon vorher nicht gehört.“ Schweigen. Dann (mit sichtlichem Missfallen): „Ja, drei Stunden! Nee, aber ganz ehrlich, ist ja auch Deine Schuld: Hättest Du mal nicht den billigsten aller Flüge gebucht… nur Easyjet ist zu spät…“ Und leicht in mich hineingrinsend wende ich mich wieder der verregneten Fahrbahn zu.
Um halb zwölf anstatt um acht Uhr sitzen wir schließlich im Flieger (aber gut, dass ich um fünf aufgestanden bin, denke ich mir nur…). Von meinem Fensterplatz aus gucke ich zwei Plätze weiter zu meinem asiatischen Mitpassagier hinüber. Zehn Sekunden spielt der mit seinem Cowboyhut, dann sinkt ihm das Kinn auf die Brust, wo es den Rest des Fluges über fast regungslos liegen bleibt.
Wir lassen Regen und Wolken unter uns, genießen zweieinhalb Stunden grenzenloser Freih…äh… grenzenlosen Sonnenscheins. Irgendwann zwischendurch fängt meine Nase an zu laufen und ich frage den Steward, ob er eventuell ein Taschentuch hätte – schließlich will ich meinen Sitznachbarn nicht aufwecken, indem ich an ihm vorbeigehe. „Taschentücher sind auf der Toilette“, meint Mister Service nur freundlich aber bestimmt. Also bleibe ich sitzen an meinem Fenster, mit meiner laufenden Nase.
Dann endlich tauchen wir durch die Wolken, setzen auf der wie in Paris nassen Landebahn des Lissabonner Flughafens auf. „Entschuldigung für die Verspätung“, tönt es da durch die Lautsprecher, „aber immerhin hatten Sie ja einen schönen Flug.“ Und ich höre mehrere „Pfffs“ um mich herum.
Dann kommt das Flugzeug zum Stehen und in gewohntem (französischem?) Ungehorsam springen die ersten Fluggäste auf, zu ihrem Handgepäck in den Schließfächern. „Ich danke Ihnen dafür, dass Sie sitzenbleiben, bis das Anschnallzeichen erloschen ist“, sagt daraufhin einer der Stewards ins Bordmikro – ohne ersichtlichen Effekt. Und er wiederholt seine Ansage, mit leicht nachdrücklicher Stimme. Und während die Passagiere ihn weiterhin ignorieren, erlischt das Anschnallzeichen schließlich.
L.