…auf das Frühstücksbuffet hab ich neulich in Straßburg erlebt – beziehungsweise halb verpasst. Gut, dass meine portugiesischen Connections meine Wissenslücke auffüllten…
Aufwachen. An manchen Morgen ist es besonders schwierig. Heute ist einer von ihnen. Lustlos rühre ich in meinem Milchkaffee herum. Und dabei ist er doch der einzige, der mich in die wirkliche Welt zurückholen kann in diesen frühen Stunden.
Denn die Nacht war hart: Obwohl ich mich früh am Abend in mein Hotelbett eingekuschelt hatte, wurde ich wieder zurückgeholt aus dem Reich der Träume – und zwar von meiner Zimmernachbarin, deren charmante, jedoch leicht schrille (und definitiv zu laute) Stimme mich noch drei zusätzliche Stunden wach hielt.
Und genau diese Zimmernachbarin beziehungsweise deren Reisegruppe hält an diesem Morgen in dem adretten Frühstückssaal meines Hotels in Straßburg Einzug: Rund 20 Männchen und Weiblein in ihren besten 60er bis 70er Jahren traben durch die Tür. Die Herren der Schöpfung in schickem Nadelstreif mit dazu passenden weißen Turnschuhen, an ihrer Seite Damen, die ihre nicht mehr ganz grazilen Körper in schwarze, tigerfarbene oder rote mit Strass bestickte Leggings geglitten haben, dazu große schwarze Sonnenbrillen und knallroten Lippenstift tragen.
Schnell verteilt sich die Herde auf so viele Tische wie möglich, führt dann eine Konversation, die mich in Sachen Lautstärke an gestern Abend erinnert – in einer anscheinend slawischen Sprache und über mehrere Tische hinweg. Ich befinde mich mittendrin in dem Trubel, kann mich kaum noch auf meinen Kaffee konzentrieren. Wach bin ich dafür.
Und voller Faszination beobachte ich das Treiben: wie sie euphorisch das Buffet attackieren, mit voll geladenen Händen und Armen zu ihren Plätzen zurückwackeln, sich dabei wild unterhalten, laut lachen und beeindruckend schnell auf den nächsten Feldzug in Richtung Essbares aufbrechen.
Gerade als die Schlacht am schönsten ist, meine portugiesische Lieblingskellnerin sich sichtlich überfordert an den Kopf packt und die Frühstücksschatztruhen des kleinen Speisesaales sich langsam leeren, muss ich jedoch aufbrechen – auf meinen eigenen Feldzug in Richtung Arbeit.
Und doch lässt mich der Gedanke an den Hühnerhaufen immer wieder während des Tages schmunzeln.
Ein Schmunzeln, auf das besagte Lieblingskellnerin am nächsten Morgen ein Lachen folgen lässt: „Oh mein Gott, waren die anstrengend!“ sagt sie stöhnend und fügt hinzu: „Die waren ja alle so moppelig und haben so viel gegessen! Und als sie selbst voll waren, wollten sie sich noch die Taschen füllen!“
Sichtlich empört erzählt sie mir daraufhin, wie sie dem Treiben irgendwann Einhalt gebieten wollte – und zwar als eine der Diven einen ganzen Chèvre nahm, ihn in vier Stücke schnitt und in ihrer Tasche verstauen wollte.
`Nein, das geht nicht!` habe sie da gesagt. Eine Warnung, die allerdings ihre Wirkung verfehlt: Anstatt den Ziegenkäse reuevoll auf den Tisch zurück zu legen, habe die junge Göttin ihn in Rekordzeit in sich hinein gemümmelt – „und zwar alle vier Stücke!“
„Na, da hab ich ja verpasst“, sage ich und stimme in ihr Lachen mit ein.
L.