…haben mir meine Kollegen neulich aus ihren schon etwas zurückliegenden Schultagen erzählt. Richtig blass erscheinen mir dagegen meine Lehrjahre. So protestlos.
„Ich habe mein Abi an einer deutschen Schule in Brüssel gemacht, in den Siebzigern“, erzählt K. und nimmt einen Schluck Wasser. Gemeinsam mit ihr und drei anderen Kollegen beziehungsweise Chefs sitze ich in der Kantine meines eventuell zukünftigen Arbeitgebers (bei dem ich gerade zwei Probetage mache).
K.s Schule war damals als höchstgefährdet, also mögliches Ziel der RAF, eingestuft worden. „Wie durch Zufall gab’s so mindestens alle zwei Wochen einen Bombenalarm – immer, wenn große Klausuren anstanden …“
„Haha, der liebe Zufall …“, meine ich da und lache mit den anderen.
„Jaja, Zeiten waren das“, sagt P. vom anderen Ende des Tisches, glucksend. Dann verliert sich sein Blick in der Ferne. „Bei uns gab’s damals eine riesige Linksfraktion – mit Friedenstauben-Aufklebern und in Batikkleidern strickenden Mitschülerinnen.“ Sein Gesichtsausdruck wird spöttisch: „Aber da hatten ich und ein paar Kumpels echt keinen Bock drauf“, sagt er. So hätten die Jungs das Gegenprogramm gefahren – und Spenden für die Mudschahedin im Kampf gegen die Russen in Afghanistan gesammelt. „Doch keinen Pfennig haben wir bekommen“, sagt er ungläubig …
„Wir waren in unseren Kursen in die Pro- und Anti-Straußfraktion gespalten“, plaudert M. aus dem offensichtlich bayerischen Nähkästchen. „1987, als Franz Josef Strauß starb, lief so die eine Hälfte der Kommilitonen mit langen Gesichtern rum. Die andere Hälfte öffnete im Pausenhof die Bierdosen …“
„Dagegen waren meine Schultage ja richtig langweilig“, kommentiere ich enttäuscht.
P. nickt: „Jaja, damals hatte der Spruch ‚Geh doch nach drüben‘ noch eine echte Bedeutung“, sagt er und erzählt bei den letzten Bissen des Desserts noch schnell von dem „körnerigen“ Religionslehrer seines Bruders: „Warum Jesus grün wählen würde“ hatte der damals als Aufsatzthema aufgegeben.
L.