…hat der kleine Ire Colan, den ich bei der Konferenz „European Offshore Wind 2009“ diese Woche kennengelernt hab, Stockholm liebevoll genannt. Erste Eindrücke aus einem fremden, kühlen Land.Ich wärme meine leicht frostigen Hände an dem Glas Latte, wie Latte Macchiato in Stockholm genannt wird. Das Stück Blaubeerkuchen auf dem Teller vor mir verbreitet betäubende Düfte. Die süßen Früchte darin schmecken, als ob sie (absichtlich) zwei Wochen in Rum getränkt oder (unabsichtlich?) zwei Wochen in einem überheizten Raum vergessen worden wären. Zu fragen, was wahr ist, traue ich mich nicht, esse die Hälfte meines Nachmittagssnacks, denke dann an den Fußweg vor mir und schiebe den Rest des Kuchens von mir.
Mit leicht schummrigen Augen schaue ich durch die trübe Glasscheibe vor mir. Menschen in Karotten- und Hochwasserjeans mit halben Haarschnitten laufen daran vorbei. Ein etwa 1.90-Meter-großer Mittzwanziger in altrosa, knallenger (und leider halb durchsichtiger) Karottenjeans verstärkt das „Back to the 80s“-Gefühl. Die zwei Mädels, die mit ihm unterwegs sind, haben blaue und rote Ballon-Taillenhosen an, die über ihren Knöcheln aufhören.
Ich bin am Ende meines Lattes angekommen, stelle die leere Tasse weg und trabe aus dem Café. „Debaser“ heißt der Klub, den mir nun schon zwei Leute für Indie-Musik empfohlen haben (das Mädel an der Hostel-Rezeption und die Verkäuferin in dem hippen CD-Laden in der Haupteinkaufsstraße hier). Das Gebäude erinnert mich an Colan – und an meine Geburtsstadt Siegen – ein gelbes Logo ziert die braune Backsteinwand.
„Heute Abend spielt hier keiner“, sagt mir der Kellner, der gerade die Bar drinnen aufräumt. „Aber morgen haben wir eine ’secret band‘ – und die ist echt gut!“ Er zeigt mit dem Finger auf das Programm. Zu spät, denke ich nur, da bin ich schon weg, nehme mir aber fest vor, den Laden meinen Mit-Hostel-Gästen zu empfehlen.
Draußen scheint die Sonne. Warm ist es jedoch nicht – die meisten Passanten (außer zufälligerweise denen auf dem Photo 🙁 ) laufen wie ich mit Schal durch die Gegend, die Mütze auf dem Kopf.
Schön, denke ich nur, und fühle mich an die zahlreichen Ski-Urlaube meiner Kindheit erinnert. Hier könnt ich auch mal ein paar Jahre leben.
L.