…haben meine Mom und ich gestern erlebt. So hatte Muttern in ihrer Funktion als Einzelhandelskauffrau zwei Karten für die Modenschau von Marithé und Francois bekommen und dies als Anlass aufgefasst, mal eben nach Paris zu düsen (und mich nebenbei zu besuchen).
Der Hibbeligkeit meiner Mutter entsprechend standen wir pünktlich eine Stunde vor Showbeginn in der Eingangshalle des Carrousel du Louvre, nur um mit circa 150 anderen zu früh Gekommenen den Kranichfuß zu machen, wie die Franzosen so schön sagen – unsalso die Beine in den Bauch zu stehen.
Langweilig wurde uns dabei jedoch nicht – denn endlich verstanden wir, wer all dieses wilde Zeug trägt, das auf Modenschauen präsentiert wird… Männer im Paillettenkostüm waren da, Frauen in halben Röcken und mit enormen Turbanen auf dem Kopf oder auch junge Mädels im Bunny-Kostüm mit Schleife im Haar. Wir mit unseren schlichten Röcken und Stiefeln kamen uns da zum Glück nur leicht unspektakulär vor.
Eine Stunde später, als die Modenschau eigentlich schon hatte anfangen sollen, bewegte sich die Menge. An den ernsten Bodyguards vorbei kamen wir zu unzähligen, breit grinsenden Platzanweisern, die allesamt in dieselbe Richtung zeigten, in die wir uns auch brav bewegten. Bei unserer Reihe angekommen nahmen wir Platz auf den bequemen Bierbänken und warteten, dass der Saal sich fülle. Dies geschah jedoch nur extrem langsam, erst nach einer Stunde frösteln (wir saßen direkt innem Luftzug) gingen die Lichter aus.
Nun fing die große Show an, in exotischen Kleidern stöckelten Mann und Frau über die Bühne, überwanden den Hindernisparcour aus Stühlen und Treppenstufen und verschwanden wieder hinter der Kulisse. Die zwei Highlights der Show waren eine kleine Baletttänzerin, die zu der Musikmischung aus Techno und Tchaikowski in rotem Tütü ihre Runden um die Stühle drehte und – der Honk. Der Honk war ein männliches Model mit roten, langen Haaren, den ich erst für ein verwirrtes, weibliches Model hielt, bis mir klar wurde, dass die langen Haare und der lustlose Gang wohl EXTRA waren. Zweimal schlappte er so über die Bühne, warf böse Blicke ins Publikum und zog sich, die Hände in den Taschen vergraben, wieder hinter die Kulissen zurück.
Für genauere Betrachtungen dieses Exemplars blieb jedoch gar keine Zeit, denn zehn Minuten nach Anfang des Spektakels war auch schon Ende des Geländes: die Show war vorbei und einmal noch kamen alle weiblichen und männlichen Models gemeinsam auf die Bühne. Zu guter Letzt erschienen klein Marithé und Francois (und die beiden waren wirklich klein!) und hüpften quietschfidel über Stuhl und Stufe. Francois hatte seine Handkamera dabei und filmte grinsend während ihres ganzes Parcours seine Designerpartnerin, die auch prompt für den Film die eine oder andere Pirouette drehte.
Da klatschten alle und als die beiden wieder davongesprungen waren, erhoben sich die von weit her gereisten Besucher. Italienisch, Englisch, Russisch und Deutsch hatte ich nämlich um mich herum wahrgenommen und das waren sicherlich nicht die einzigen französischfremden Nationen, die zu der Show angetanzt gekommen waren. Naja, wenigstens hatte sich die Mühe gelohnt – für zehn Minuten Show…
L.