…haben heute die französischen Postbeamten bespasst – und den Rest der Postkunden gleich mit.
So kam ich also wie immer in Zeitdruck in die Post bei uns um die Ecke gehetzt, um letzten Endes dann doch die lang versprochenen französischen Spezialitäten an meinen Lieblingsanwalt in Deutschland zu schicken (das mit dem Anwalt ist eine lange Geschichte). Völlig außer Atem reihe ich mich also in die gewohnt lange Schlange ein und wundere mich schon über die zwei monstruösen Koffer direkt vor mir. Anscheinend gehören sie dem kleinen Chinesen neben und der kleinen Chinesin vor mir, also frage ich höflich den kleinen Chinesen neben mir, ob sie diese Koffer verschicken wollen (mit dem Vorhaben, wenn er „nein“ sagt, die Koffer schnell an die Seite zu stellen, damit ich überaus geschicktes Wesen in all meiner Verwirrtheit nicht darüber stolpere…). Monsieur Chinois scheint jedoch kein Wort von meinem natürlich perfektem Französisch zu verstehen und schiebt sie nur wild irgendwas vor sich hin murmelnd weiter in Richtung kleine Chinesin vor mir.
Also akzeptiere ich die Tatsache, dass die beiden tatsächlich diese unglaublich großen Koffer den Postbeamten anvertrauen wollen, schmunzele leicht über den chinesischen Weihnachtsaufkleben auf dem großen roten Exemplar und denke nur Mama, ich will auch son großes Weihnachtsgeschenk.
Nach scheinbar Stunden des Wartens (zum Glück ist der Prof meines Kurses, der in zwei Minuten anfangen soll, Argentinier, die akademische Viertelstunde ist also bei ihm längst nicht ausreichend…) kommt die kleine, zierliche Chinesin vor mir an die Reihe und ist sichtlich überfordert mit ihrem Elefantengepäck… Ihr männlicher Begleiter hat sie nämlich gerade alleine gelassen, um Schokoriegel zu kaufen, wie wir Postkunden fünf Minuten später feststellen. Auf sich allein gestellt rupft Madame Chinoise mit aller Kraft an den Bändern der Koffer, zieht sie bis kurz vor den Postschalter. Dort guckt der Postmensch nur ungläubig auf die zwei Riesenpakete – so wenig wie wir kann er wohl glauben, dass es solch große Koffer überhaupt gibt
Dem ist jedoch so und inzwischen hat sich Monsieur Chinois wieder neben seinem Schützling eingefunden, samt Schokoriegel (die er strahlend der wenig begeisterten, kleinen Chinesin hinhält) und dritter Chinesin im Schlepptau, die im Gegensatz zu den ersten zwei Exemplaren wohl Französisch spricht. Sie versucht also dem Postbeamten (und dem Rest der Anwesenden) zu erklären, dass diese zwei Köfferchen per Post versendet werden sollen nach Clermont-Ferrand. Kopfschüttelnd kriecht Herr Postmeister hinter seinem Schalter hervor und macht die Armprobe, hebt die Koffer also einen nach dem anderen in die Höhe. An der roten Farbe seines Kopfes können wir Anwesenden sehen, dass das zulässige Höchstgewicht von 30 Kilogramm wohl überschritten ist, was er daraufhin auch sofort erklärt: seine geübten Arme identifizieren 45 Kilogramm für Koffer Nummer eins und noch mehr für Koffer Nummer zwei.
Inzwischen bin auch ich an die Reihe gekommen und nachdem ich letzten Endes doch fast über die beiden Koffer stolpere, schaffe ich es heil zu meinem Schalter hinten rechts in der Ecke. Dem Postbeamten kann ich jedoch kaum zuhören, so vertieft bin ich in das Chinesen-Spektakel. Der Monsieur mir gegenüber wiederholt zwar mehrmals, ich solle um mein Dilettantenpaket (bin doch nur arme Studentin und verfüge nicht über richtige, widerstandsfähige Pappe) noch Tesa kleben, damit das auch hält, ich jedoch pappe nur schnell lustlos zwei von den mir freundlich angebotenen Streifen links und rechts an mein Päckchen. So nimmt Herr Postmensch sich schließlich kopfschüttelnd und vor sich hin murmelnd selbst meines Superpakets an und klebt es von oben und bis unten mit Tesafilm zu, nur um danach stolz auf sein Werk zu schauen und es behutsam in die Päckchenklappe hinter sich fallen zu lassen.
Die Chinesen am anderen Ende des Raumes haben inzwischen anscheinend abgelassen von ihrem Projekt und hören aufmerksam dem netten Postbeamten zu, der ihnen erklärt, wie sie ihre Mission doch noch mit Hilfe anderer Paketdienste erfüllen können und sich daraufhin dem nächsten, schon ungeduldigen Kunden widmet.
Auch ich werde nun von meinem Postbeamten entlassen und trotte in Richtung argentinischer Prof, wobei ich mir nur denke: „Die spinnen, die Chinesen – noch mehr als die Franzköpp!“
L.