Kuss und – äh, doch nicht! …

… dachte sich der kleine Franzose wohl, der mich neulich in einer der Lissabonner Diskos ansaugte. Das mit der Romantik müssen wir aber noch ein bisserl üben, dachte ich zurück.

„Amis und Briten kommen kaum noch ins Lisbon Old Town“, sagt João, mein Ex-Hostel-Chef im schönsten Hostel Lissabons. „Seitdem der Euro so hoch steht, ist denen die Reise nach Portugal wohl zu teuer.“ Ein Grund zur Sorge? Nein, denn deren Platz nehmen Deutsche und Franzosen ein, besetzen die Herberge zu jeweils etwa 50 Prozent.

Mit einer dieser Delegationen (aus meiner fromaaage-liebenden Wahlheimat) ziehe ich denn auch wenig später durchs nahe gelegene Kneipenviertel Bairro Alto, schleppe mich von einer Bar zur nächsten Disko. Bei der letzten dieser Nachtlokale (einem Klub mit ansprechender Techno-Musik) habe ich sie alle abgehängt – bis auf einen Gesellen, der genau wie ich über die Tanzfläche zappelt.

Und so zappeln wir uns gegenseitig an, bis Monsieurs Zeigefinger mich zu sich herwinkt, ich natürlich keine Wahl habe (!!), als seinem Ruf zu folgen, und er mir einen wilden Schmatzer aufdrückt. Das tut er circa fünf Minuten lang, zieht mich dann zum nächstliegenden Sofa. Dort nimmt er ganz niedlicherweise meine Hand, flüstert mir leise ins Ohr: „Sag mal, wohnst Du eigentlich auch im Hostel?“ Woraufhin ich ihn nur verdattert beäuge, mich frage, unter welcher Dauerdroge der junge Mann wohl die vergangenen drei Tage gestanden hat (während derer sowohl er als auch ich im schönsten Hostel Lissabons übernachtet haben).

Als ich zur Antwort nur nicke (Worte wollen gerade nicht aus meinem Munde sprudeln), fährt er fort: „Schade, sonst könnten wir heute Abend Liebe machen …“ Ganz baff von diesem Sinn für Romantik entgege ich: „Eh ben, non!“ (Nö) Und diskret ziehe ich meine Hand weg.

„Im Urlaub muss man schließlich Spaß haben, ne?“ fährt Mister Loverboy fort und fragt mich: „Hast Du eigentlich nen Freund?“ Da ist auch bei mir der Groschen gefallen, ich schüttele den Kopf und stelle die Gegenfrage. Er nickt, fügt hinzu: „Aber erst seit einem Monat.“ Und wiederholt zu sich selbst: „Im Urlaub muss man schließlich Spaß haben …“ Ich sage nichts.

Casanova lässt sich jedoch nicht beirren, führt sein Selbstgespräch fort: „Uiuiui, bin ich betrunken!“, meint er und zeigt auf ein etwa zehn Meter entferntes Schild, auf dem „Super Bock“ steht. „Das zum Beispiel kann ich nicht mehr lesen: Suu … “ Diese Übung macht er noch mit drei anderen Schildern mehr oder weniger in der Nähe, während ich nur mit Aufmerksamkeit meine Fingernägel studiere.

Doch die Spitze des Eisbergs ist noch nicht erreicht: „Entschuldige, dass ich Dich geküsst hab“, sagt der Franzos‘ neben mir. „Das tut mir echt leid!“ Und verbringt die nächsten zehn Minuten damit, mir zu sagen, was für ein toller Abend das doch gewesen sei, wie viel er doch von Lissabon gesehen hätte etc.

Irgendwann halte ichs nicht mehr aus, meine nur: „Gehen wir?“, und wir trotten zurück in Richtung Hostel. Als wir vor unserer Tür stehen, guckt Don Juan mich an und fragt (nachdem ich seit etwa 20 Minuten nichts Anderes als „hmmm …“ gesagt habe): „Sag mal, bist Du etwa sauer? Du hast das Ganze doch nicht in den falschen Hals bekommen, oder?“

Natürlich nicht, denke ich nur, gucke ihn mit einem Stirnrunzeln an und drücke wortlos die Tür auf.

L.

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About Lisa (ich selbst)

Huhu! Ich bin Lisa. Seit 2005 wohne ich nun im schönen, kleinen Paris. Schön ist's hier, nette Leute gibt's und viele lustige Dinge passieren. Aber - lest doch einfach selbst... L.