Wilde Geschichten …

… hat mir meine kleine Mitwohni neulich erzählt – nachdem sie mit zwei Freunden durch die einschlägigen Kneipen des Marais in Paris gezogen war.

„Ich wusste gar nicht, was ich machen soll!“ Kerstin guckt mich mit großen Augen an. „Selbst M. [einer von Kerstins Freunden] konnte mich nicht retten!“ Abends zuvor waren die drei gemeinsam durch ein paar Bars im Marais gezogen. Letzteres ist das Homosexuellen-Viertel in Paris, übersetzt bedeutet es „Sumpf“.

Wie mit den Füßen tief im Schlamm vergraben fühlte sich auch Kerstin, als beim zweiten Stopp ihrer Kneipentour plötzlich einer der geschniegelten Jünglinge vor ihr stand, sinnlich säuselte: „Ich bin bi!“ und mit seinen Lippen ihren Lippen gefährlich nahe kam. So verdattert war Kerstin, dass der Schock erst nachließ, als Monsieur ihr schon einen leichten Schmatzer aufgedrückt hatte. Dann drehte sie sich schlagartig um, guckte M. hilfesuchend an. Der griff auch sofort ein, warf dem Knutsch-Angreifer einen bedrohlichen Blick zu.

Grund zur Entwarnung bestand jedoch nicht: Kerstins Hengst blieb hartnäckig hinter ihr stehen, warf ihr jedesmal, wenn sie vorsichtig in seine Richtung lugte, lüsterne Blicke zu.

Kurze Zeit später ergriff meine Mitwohni daher die Flucht – ab gings mit ihren Freunden in die nächste Marais-Bar. Da attackierte sie zunächst keiner, Kerstin wippte beschwingt im Takt der Musik mit, beobachtete das Treiben vom Rande der Tanzfläche aus.

Doch dann fiel ihr Blick auf die Dusche hinter ihr. Genau – die Dusche hinter ihr. Da seifte sich einer der schmucken jungen Männer im Schlüpfer zum Takt der Musik ein, duschte sich zwischendurch mit Wasser ab (um eventuellen Überflutungen der Kneipe vorzubeugen, war die Dusche durch eine Glasscheibe von der Tanzfläche abgetrennt).

Naja, und wie das halt manchmal so ist, wenn man sich ordentlich einseift und auch alles sauber werden soll, rutschte der Schlüpfer im Takt der Musik hoch und runter. So dass, laut Kerstins Zeugenaussage, Monsieur schließlich allein hinter seiner Glasscheibe seinen „Spaß“ hatte.

Und ich denke mir nur, in den Sumpf will ich nun wirklich nicht reingeraten.

L.