… schaue ich gerade – und frage mich, woher diese ganzen Einzelhandelsspezialisten in den Medien wohl ihre Infos haben.
„Der von vielen befürchtete und von manchen angekündigte Einbruch ist ausgeblieben.“ zitiert das Handelsblatt den Hauptverband des Deutschen Einzelhandels (HDE) – und titelt „Deutsche shoppen trotz Krise“. Im Saarland, Sachsen-Anhalt und auch anderen Ländern wie Österreich soll der Kaufrausch wie immer seinen Weihnachtseinzug halten. Auch Konjunkturforscher Marcus Kappler meint im dpa-Interview, die Krise sei im Geldbeutel nicht spürbar. Ich frage mich, wie die wohl alle auf diese Schlussfolgerungen kommen – und ziehe im kleinen hessischen Marburg eher eine gegenteilige.
„Weihnachtsgeschäft? Das gibt es in diesem Jahr nicht“, sagt eine befreundete Einzelhändlerin und guckt bedröppelt. Dann erzählt sie von Kunden, die diesen Dezember wohl eher den Wintermantel von letztem Jahr wieder rauskramen – einen neuen kaufen sie bei ihr jedenfalls nicht (Kleidung und Schmuck bietet Madame in ihrem Laden an).
Aber den Konsumeinbruch bekämen auch ihre Kunden zu spüren. Erst neulich hat ein befreundeter Kieferorthopäde der Verkäuferin erzählt: „Die Anzahl an Prothesen, die ich früher an zwei Tagen machte, mache ich jetzt in einer Woche.“ Und viele ihrer eher zu oberen Mittelschicht gehörenden Kunden hätten wohl durch den Absturz der Börsenkurse einen Teil ihres Vermögens verloren – „bei dem Professor neulich waren es 180.000 Euro“, sagt sie nachdrücklich.
Als ich durch die Marburger Oberstadt gehe, scheinen die Geschäfte denn auch seltsam leer. Selbst bei Schlecker sagt die Kassiererin zu dem Kunden vor mir an der Kasse: „Heute gehts ja, aber gestern wars wirklich extrem ruhig.“ Nur in den Buchhandlungen drängeln sich die Menschenmassen, kaufen noch schnell ein Geschenk für 7,95 Euro. Wie ich. Wobei mein begrenztes Budget eher Dauerzustand ist, als dass es an der Wirtschaftskrise liegt.
L.