… habe ich am Wochenende aus der Nähe mitbekommen – als circa 50 Punks taten, was sie im Sarko-Staat nicht tun sollten: nämlich in der Gegend rumstehen, lachen und Bier trinken.
Völlig durchgefroren komme ich am Place de la Bastille an, parke meinen Roller auf dem Bürgersteig vor der Opéra de Bastille. Zwischen den Treppen des Musikhauses und mir stehen rund 50 Punks mit bunten Haaren, benoppten Gürteln und Jacken. Sie lachen laut, süppeln friedlich ihr Bier. Ich ziehe mein Sicherheitsschloss durch das Vorderrad, will mich gerade aufrichten, da laufen 6 Polizeibeamte an mir vorbei, auf die bunte Truppe zu.
Im Nu sind die „Störenfriede“ zusammengetrieben, müssen sich mit dem Bauch in Richtung Seitengeländer stellen, die Treppe hinauf. Die Polizisten stehen breitbeinig davor, passen auf, dass auch ja keiner sich umdreht oder einen Mucks von sich gibt. Von oben nach unten die Treppe hinunter fängt einer von den Muskelpaketen in Uniform an, jeden Punk einzeln abzutasten. Einer von Letzteren macht dabei doch einen Mucks, erntet einen bösen Blick, der Polizist zieht mit zusammengekniffenen Daumen und Zeigefinger seinen Mund imaginär wie einen Reißverschluss zu.
Fünf Stufen weiter unten nähert sich ohne ersichtlichen Grund einer seiner breitschulterigen Kollegen den Treppenstehern, tritt einem circa 16-Jährigen in schwarzem Leder gegen den Fuß, packt ihn dann am Genick, schleudert ihn auf die Treppe. Kurze Zeit später steht der Punk wieder in Reih und Glied, hält brav die Hände ans Geländer.
Am oberen Ende der Treppe hat der Filzer inzwischen einen Schuldigen gefunden: Ein Jugendlicher mit roter Irokesenfrisur sitzt im Schneidersitz auf der Treppe, seine Hände sind hinter dem Rücken mit Handschellen zusammen gehalten.
„Das ist ja wohl skandalös!“ meint eine Frau neben mir. „Die haben doch gar nichts gemacht und werden so hart ran genommen!“ Außer uns sind noch andere Passanten stehen geblieben, beobachten die Szene mit aufgerissenen Augen, schütteln den Kopf.
Auch Ainhoa, die kleine Spanierin, mit der ich zum Kaffee verabredet bin, ist inzwischen am Tatort eingetroffen. „Die sehe ich oft hier stehen“, sagt sie verwundert. „Und sie sind immer ganz friedlich und machen nix.“ Sie schüttelt den Kopf.
Einer von den blau uniformierten Bären tritt gegen einen Pack Bierflaschen, der noch auf der Treppe steht. Zwei davon zerspringen klirrend auf dem geteerten Platz, Bier spritzt in alle Richtungen. „Da muss man ja aufpassen, dass man nicht getroffen wird“, empört sich die Dame neben mir. „Also ehrlich, hätte Maurice Béjart das gewusst, hätte er sofort seine Show abgebrochen!“ Sie zeigt auf das große Plakat über der Treppe, dass für die Show des Balletttänzers und Choreographen wirbt, der bekannt ist für seine Neudefinition des klassischen Tanzes.
Béjarts Vater, Gaston Berger, war Philosoph, vor allem bekannt für seine Arbeiten über Husserl. Und für seine aktive Teilnahme am Widerstand während des Vichy-Regimes.
L.