… heißt es ab Dienstag wieder für mich, wenn ich zum fünften Mal in der Stadt der Liebe eine Bleibe suche. Schon vom kleinen, hessischen Marburg aus habe ich online die Annoncen gesichtet – und frage mich, unter welcher der zahlreichen Pariser Brücken es wohl am gemütlichsten ist …
„Mais – vous êtes française?“ trieft der Honig durchs Telefon. „Nein“, antworte ich, „ich bin Deutsche.“ Martin heißt der Mann, den ich wegen seines Zimmerangebots angerufen habe. Nur 200 Euro soll das gute Stück pro Monat kosten – ein echtes Schnäppchen für Paris. „Wo ist der Haken?“ ist da eine natürliche Frage. Ich stelle sie nicht direkt – und bekomme trotzdem eine Antwort, als kurz nach unserem Telefonat mein Telefon klingelt, es ist Martin. „Könntest Du mir nicht ein klitzekleines Photo von Dir schicken?“ fragt er mit zuckersüßer Stimme. „Ich habe hier keins“, antworte ich – ich säße nicht an meinem PC, sondern an dem meines Vaters (was stimmt). Der Mann am anderen Ende der Leitung beißt sich fest: Schließlich wäre ja auch ein Photo von ihm online, da wäre es nur fair, wenn ich ihm eins von mir schicke. Ich sage „ist gut“, lege auf, denke „der wird’s nicht“ und suche die nächste Wohnungsanzeige.
„100 Euro“ strahlt mir da entgegen, und ich gucke genauer hin: „Ich suche jemanden, mit dem ich schöne Stunden verbringen kann“ steht beim Kommentar-Feld. Der Autor: Sébastien, 45. Eine Riesen-Wohnung von 130 Quadratmeter gleich beim Eiffelturm bietet er an, mit jeglichem Komfort wie Waschmaschine, Internet, TV – alles in den 100 Euro mit drin. Einsam klingt der Mensch, der Wohnungsmarkt mit Kontaktbörse verwechselt. „Vielleicht findet er ja jemanden“, denke ich. „Jemand anderen.“
Anzeige Nummer drei: etwas realistischere 350 Euro. Dafür bietet Serge ein Zimmer in Montreuil an, einem etwas außerhalb gelegenen Stadtteil von Paris, der aber noch mit der Métro erreichbar ist. Zwei andere Mädels wohnen da, in einem Pavillon, mit Internet, Waschmaschine etc. Ich rufe an.
Ja, das Zimmer ist noch frei, sagt die Männerstimme durchs Telefon. Und nachdem ich ein paar Sätze zu mir erzählt habe, fängt Monsieur an, mir die Lage zu erklären: Das Haus, in dem er Zimmer vermietet, soll verkauft werden, in zwei Monaten. Wenn ich aber Interesse hätte, könne er mir danach sicher ein Zimmer anbieten, im elften oder 20sten Arrondissement, wo er eine Kneipe eröffnen wolle. Dort könne ich auch als Kellnerin arbeiten, wenn ich für die Miete Geld bräuchte, fügt er hinzu.
Anschauen kann ich mir das Ganze ja mal, sage ich mir, ignoriere mein Bauchgefühl und mache einen Besichtigungstermin aus.
Anzeige Nummer vier. Lustig hört sie sich an, nur 250 Euro soll ein Zimmer kosten im zwölften Arrondissement, also relativ zentral. Einem 26-Jährigen, der seine Mailbox besingt statt bespricht, hinterlasse ich eine Nachricht. Einige Minuten später ruft Nicolas zurück. Ja, das Zimmer sei noch frei. Und ja, 250 Euro koste es. Und nein, es sei kein Problem, wenn ich erst Mittwoch vorbeikäme – er könne mich sogar vom Bahnhof abholen!
Ich bin euphorisch. Sooo nett klingt der junge Mann und sooo nett hört sich auch die Anzeige an: „Offen, fröhlich, unkompliziert“ steht da. Adjektive, die auch mit meinem Eindruck von Nicolas am Telefon übereinstimmen. Ich soll heute Abend nochmal anrufen, meint er. Gerade wäre er bei der Arbeit.
Halb sieben Uhr abends, ich rufe an. „Öh“, tönt es da durchs Telefon. „Kann ich gleich zurückrufen?“, fragt Nicolas. Kein Problem, sage ich, und warte. Und warte. Und warte. Irgendwann gehe ich weg, habe eine Verabredung. „Ach“, verscheuche ich meine Zweifel, „der hatte bestimmt einfach keine Zeit – ich rufe morgen wieder an.“
Mittags lasse ich es klingeln, die Mailbox geht dran. Ich rufe nochmal an. Und nochmal. Schließlich höre ich ein ungehaltenes „Oui, âllo?“. „Hi“, sage ich fröhlich, „hier ist Lisa.“ Und warte auf die Entschuldigung dafür, dass er nicht zurückgerufen hat. Anstatt dessen brummt er durchs Telefon: „Kannst Du Dir nicht denken, dass das Zimmer weg ist, wenn ich nicht zurückrufe … “ Ich bin verdattert. Kann nichts mehr sagen außer einem „Ja, sorry“, lege auf.
„Ich sollte den Schlafsack nicht vergessen“, denke ich mir. Und mache hektisch im Geiste eine Liste der Leute, die ich in Paris kenne – mit Appartment.
L.