Home, sweet home…

…denke ich, als ich wieder in Paris am Bahnsteig sitze. Das soll nicht heißen, dass der deutsche Teil meiner Reise weniger wirr war als der französische…
Endlich wieder in zurück in die Heimat! sag ich mir, als ich am Frankfurter Flughafen die riesigen Anzeigetafeln betrachte, auf denen auch mein Flug nach Paris angezeigt wird. Völlig beschwingt hüpfe ich zum Quick Check-In und entledige mich genauso quickly meines Gepäcks.

Selbst die Sicherheitsschleuse bringe ich enthousiastisch hinter mich, lasse mich nicht aus der Freude bringen durch mürrische Beamte, die mich mich mal wieder halb nackig ausziehen lassen. So sitze ich schließlich in meinem kleinen Flugzeug, völlig begeistert mit Gratis-Zeitungen versorgt und sauge das aktuelle Geschehen in mein Hirn auf.

„Sehr geehrte Fluggäste“, tönt es da durch den Lautsprecher. „Leider wird sich unser Abflug um kurze Zeit verzögern, da zwei Passagiere nicht am Gate aufgetaucht sind. Wir müssen aus Sicherheitsgründen ihr Gepäck wieder ausladen.“ Verwirrt gucke ich von meinen Zeitungen hoch, schiele zu meinem Sitznachbarn, der sich kopfschüttelnd an die Stirn fasst. „Als ob da wirklich irgendwelche Terroristen ihre Kofferbomben an Bord schmuggeln würden…“ meint er zu mir. Ich zucke mit den Schultern und meine: „Naja, find’s auch unwahrscheinlich – da können wir nur hoffen, sie laden nicht unser Gepäck aus…“ Und mein Nachbar nickt mir grinsend zu.
Zwanzig Minuten später scheinen wir startbereit, der Flugbegleiter greift zum Mikrophon: „Sehr geehrte Fahrgäste, unsere Maschine ist fertig für den Abflug, wir bitten nun um ihre Aufmerksamkeit für die allseits beliebten Sicherheitshinweise…“ Mein Nachbar und ich grinsen uns an, lernen eifrig die Positionen der Notausgänge auswendig und studieren das Informationsblatt an unserem Vordersitz.
Schließlich sagt der Mensch am Mikrophon: „Ich erinnere sie außerdem daran, dass dies ein Nichtraucher-Flug ist. Das Rauchen ist also während ihres gesamten Aufenthalts an Bord untersagt.“ Und nachdem seine Flugbegleiter-Kollegin ihm etwas ins Ohr geflüstert hat, fügt er hinzu: „Auch das heimliche Rauchen in Toiletten und Gängen ist untersagt.“

Mein Sitznachbar und ich fangen gleichzeitig an zu lachen, grinsen uns an. „So selten ist das gar nicht…“ erzählt er mir daraufhin. Beruflich bedingt müsse er ziemlich häufig das Flugzeug nehmen und vor allem auf Langstreckenflügen würde der eine oder andere Raucher schwach werden. Immer noch belustigt will ich gerade darauf antworten, als mein Sitznachbar plötzlich verkrampft. Der Flieger hat sich inzwischen in Bewegung gesetzt, wir sind kurz vor dem Abflug.

„Ich habe Flugangst“, stösst Monsieur zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor und hält sich mit beiden Händen den Kopf. So konzentriert er sich während der restlichen 45 Flugminuten auf seine Flugangst und ich mich auf meine Zeitungen.

Etwa eine Stunde später sitze ich am RER-Bahnsteig des Flughafens Charles de Gaulle. Zehn Minuten bleiben mir bis zum nächsten Zug und die nutze ich, um jede Menge „Juchuu, ich bin wieder da!“ – Sms zu verschicken. Da höre ich ein klirrendes Geräusch, das immer näher kommt – so, als ob sich gerade ein Häftling mit Fußfessel über den Bahngleis schleppen würde. Und tatsächlich ähnelt das Bild, das sich mir präsentiert, dem Häftling mit der Fessel: ein Mitt-Zwanziger läuft an mir vorbei, zieht einen Fuß nach. Statt Fußfessel hängen an diesem zwei Sektflaschen: eine ist mit dem dickeren Teil nach unten im Strumpf verstaut, die andere hängt mit dem Flaschenhals aus dem Hosenbein und verursacht so das klirrende Geräusch beim Gehen. Völlig verdattert starre ich auf die Konstruktion, bis ich bemerke, dass der junge Mann inzwischen stehen geblieben ist und mich anschaut. Da wende ich mich hastig wieder meinem Handy zu und schaue nicht mehr auf. Das nächste Geräusch, das mich hochgucken lässt, ist ein dumpfes Plumpsen und von dem Jeune ist weit und breit nichts mehr zu sehen.

Gemeinsam mit 5 anderen Wartenden hüpfe ich hoch, gucke auf die Gleise , wo denn auch Mister Sektflasche leicht benebelt liegt. Sofort springen 4 Männer todesmutig hinunter, befördern ihn zurück auf den Bahnsteig. Der Fünfte hüpft hinterher und hebt verwundert eine der beiden Sektflaschen auf (die andere befindet sich immer noch im Strumpf des Gefallenen). Als alle wieder auf dem sicheren Bahnsteig stehen, nimmt der junge Mann dem fünften Retter die Sektflasche aus der Hand, steckt sie sich in die Boxershorts, sagt kurz: „Eh, mon frère, tout va bien, hein?“ (Ay, Bruder, ist alles klar, ne?) und schlurft davon.

Die Helden des Tages bleiben verdattert zurück und ich denke nur: Willkommen zu Hause!

L.

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About Lisa (ich selbst)

Huhu! Ich bin Lisa. Seit 2005 wohne ich nun im schönen, kleinen Paris. Schön ist's hier, nette Leute gibt's und viele lustige Dinge passieren. Aber - lest doch einfach selbst... L.