Erasmus-Parties…

…gibt es viele in Paris. Und wie die meisten Parties hier, ist auch diese von notorischem Männerüberschuss befallen. So richtig positiv ist das nicht immer, wie Romy und ich vergangenen Dienstag in der Disko Duplex bemerkten…

„Entrée libre jusqu’à 1 heure du mat“ verspricht der Flyer, den ich zuhause ausdrucke. Neben freiem Eintritt ist auch Happy Hour bis ein Uhr morgens, man kann also zwei Getränke zum Preis von einem ersteigern (was in Paris soviel heißt wie 5 statt 10 Euro für ein Getränk). Trotzdem glühen Romy und ich erstmal mit Wein bei mir vor und satteln dann gegen halb zwölf die Hühner.

Geschwindt hüpfen wir in den RER und fahren bis zu Charles de Gaulle-Étoile (der RER ist so etwas wie die Métro, nur fährt er weiter in die Vorstädte rein, also aus der Innenstadt raus). Gemeinsam mit einer Horde anderer Erasmus-Party-Gänger stolpern wir aus der Tür raus und bleiben verwirrt vor 10 verschiedenen Ausgängen stehen. Unser Straßenname ist nicht dabei und während Romy eher nach rechts tendiert, gewinne ich die Honk-Oberhand und wir traben links heraus.
Hinter uns her trabt die Erasmus-Studenten-Meute und entdeckt erst zu spät, dass sie aufs falsche Pferd gesetzt hat – wir kommen genau am falschen Ende des Étoiles heraus. Fünf überquerte Straßen später erreichen wir schließlich die Schlange vor der als Métro getarnten Disko. „Your student card…euh…vos cartes d’étudiant ou l’invit…“ stößt der kleine Kartenabreißer hervor und lässt uns durch. Hinter ihm stehen zwei immense Türsteher, die kritisch auf meine Turnschuhe starren, uns aber zähneknirschend auch durchlassen – am Erasmus-Abend ist eben (fast) alles erlaubt.

Glücklich über den eingehaltenen Zeitplan stehen wir pünktlich um halb eins an der Bar, um unsere zwei Long-Island-Iceteas zum halben Preis zu ergattern. Auf der anderen Seite der Bar läuft das Barteam inzwischen auf Sparflamme: 4 Barkeeper schlurfen durch die Gegend, nur zwei davon jedoch bedienen die Kunden und auch das im Zeitlupentempo. Der Besitzer ist wohl über die Happy Hour weniger happy als wir das sind…, denk ich mir nur.

Während wir fünf vor eins doch noch an die Reihe kommen, höre ich eine von den weiblichen Barkeepern außer Betrieb ihrer Kollegin zurufen. „Mais – comment ils me soûlent, ces clients…“ (Meine Güte, gehen die Kunden mir auf die Nerven…) und die Kollegin lacht ihr nickend zu. Unser Glück kaum fassend, dass wir unter diesen Umständen unsere 4,5 Euro-Drinks doch noch ergattert haben, lassen Romy und ich uns nieder auf einer der ledernen Sitzbänke am Rande der Tanzfläche. Dort steppt inzwischen der Bär, Mädels im Halb-Négligée und Jungs im Hemd juckeln zur Musik hin und her. In der Mitte der Tanzfläche stehen 5 oder 6 von ihnen auf einem Podest, halten ununterbrochen die Hände in die Höhe, so als ob sie auf die Liane warteten, die da gleich entlanggesegelt komme…
Der wohlverdiente Cocktail... Wir süffeln genüßlich unsere Long-Islands auf, hüpfen von der Bank herunter und bewegen uns in Richtung Tanzfläche. Die ist inzwischen proppenvoll und wir finden nur noch Platz am Rande des Tanzwusts. Zu Light-Techno bewegen wir uns hin und her, tauchen bald ein in die monotone Welt der Trance-Musik.
Immer wieder jedoch versuchen die umtanzenden Jünglinge, uns aus dieser Welt zurückzuholen: entweder soll der Versuch eines Paarungstanzes (also des Tanzes mit Kniescheibe an Kniekehle) Kontakt herstellen oder aber der halbherzige Anlauf eines Gespräches trotz dröhnender Bässe und wild um uns herumfliegenden Armen und Beinen. Hartherzig wie wir sind lächeln wir meist und tanzen von dannen – das geht auch bald besser, die Tanzfläche leert sich nämlich. Genau dies scheint jedoch den Attacken des anderen Geschlechts zuträglich, gehen anscheinend mehr Mädels als Jungs nach Hause. Und die wenigen, die bleiben, sind bei leerer Tanzfläche ungeschützt.

Doch Romy und ich halten die Stellung und ich rocke möglichst wild über die Tanzfläche, um mögliche Werber abzuschrecken. Funktionieren will das jedoch nicht und immer mehr von den wilden Jünglingen kommen herangetanzt. Wir aber bleiben hartherzig und als die Jünglinge das merken, stürzen sie sich sogleich auf die einzige andere übriggebliebene Mädels-Tanzgruppe. Nur einer der jungen Ritter ist in der Lage, unser Herz zu erweichen. Freudig hüpfen wir mit ihm über die Tanzfläche, kümmern uns nicht drum, dass er mehr fällt als hüpft (er konnte wohl mehr von der Happy Hour profitieren als wir). Kurze Zeit später scheint er jedoch genug zu haben von unserem Charme, stürzt sich wie die anderen Tanzbären auf die zweite Mädels-Tanzgruppe. Eigentlich haben wir ja nun was wir wollen – wir werden in Ruhe gelassen… denke ich und kann mich doch nicht ganz überzeugen.
L.

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About Lisa (ich selbst)

Huhu! Ich bin Lisa. Seit 2005 wohne ich nun im schönen, kleinen Paris. Schön ist's hier, nette Leute gibt's und viele lustige Dinge passieren. Aber - lest doch einfach selbst... L.