…Freitag ist Fischtag, meint unser französischer Zottelkollege vor zwei Tagen zu uns. Lieblingskollegin Krischi und ich gucken daraufhin mit großen Augen über unsere Cappuccino-Becher in sein strahlendes Gesicht. „Ja“, fährt er fort. „Und deswegen sind alle heute so glücklich und machen sogar bei unseren Umfragen mit!“
Und während Krischi sich die Sache weiter historisch erklären lässt, starre ich nur in meinen Becher, frage mich, was nicht in Ordnung ist mit mir. Warum nur mache ICH keine Interviews, heute ist doch Fischtag!
Aber Rettung naht: unser Gummibär-Chef d’équipe postiert sich vor dem Kaffeeautomaten. Er ist einer der lustigsten Chefs in unserem kleinen Callcenter, ruft immer „Hallo Mädchen!“, wenn wir, die deutsche Delegation, vorbeitraben. Gleichzeitig hebt er beide Daumen, strahlt Schumacher-like in die nicht vorhandene Kamera. Und er sieht dabei aus wie ein großer Gummibär, der einen gleich mit seinen großen Gummibär-Armen zusammenknuddeln will.
Ob er schon vom Fischtag gehört hat, frage ich ihn. Verdutzt guckt er mich an, mit seinen Gummibär-Augen. Erklärend füge ich die Geschichte des Zottelkollegen zu meiner Rechten hinzu und frage, ob wirklich mehr Interviews als sonst gemacht werden. Nach einem kurzen Kichern schüttelt Monsieur seinen Gummibär-Kopf und sagt: „Nein, nein, heute will keiner mitmachen. Am Fischtag sind alle frustriert, denn es gibt kein Fleisch!“
Erleichtert lehne ich mich zurück, schlürfe weiter meinen Cappuccino und fühle mich wieder (halbwegs) normal.
L.