…geht’s bei meiner neuen Arbeit zu. Während ich immer noch als Telefonmaus arbeite, hab ich inzwischen das Unternehmen gewechselt: ich bin nicht mehr in dem kleinen, französischen Callcenter, in dem jeder Chef d’équipe (seiner Laune nach zu urteilen) sich tagtäglich mit seiner Frau gestritten, schlecht geschlafen und Blähungen zu haben schien. Nein, jetzt arbeite ich in einem weltweit tätigen Umfrageunternehmen mit angenehmen Großraumbüros, immer lächelnden Vorgesetzten, Kaffeepausen, wann man will und extra Mitarbeitertelefon (falls ich in der Pause mal Papa in Deutschland anrufen will).
Entsprechend entspannend ging’s schon am ersten Tag los, als wir fünf deutschen Telefonmäuse pünktlich um 10 Uhr auf der Matte standen, nur, um keinen Einzigen der 4 Chefs vorzufinden. Eine Viertelstunde später trudelte der Erste der Messieurs ein, fragte, wer wir denn seien und nickte auf unsere Erklärung hin unsicher mit dem Kopf: „Gleich kommt bestimmt jemand, der Bescheid weiß“, sagte er sich hastig entfernend…
Gleich war jedoch relativ und nach einer Stunde des Wartens und auf gutem Wege zum Kaffeeschock (30 Cent pro Kaffee sind wir in Paris einfach nicht gewohnt), kam schließlich doch der Erste Halbinformierte vorbei und informierte uns, dass der Einzige wirklich Informierte nicht da sei und leider auch den Schlüssel zu seinem Büro mit in den zweiwöchigen Urlaub genommen habe – es würde aber nicht mehr lange dauern, bis jemand sich unserer annähme…
Eine halbe Stunde später und kurz vor dem Kaffeetod erbarmte sich Chef Nummer 3 unserer und erklärte uns die letzten anderthalb Stunden bis zur Mittagspause generelle Regeln und die Software, auf der wir arbeiten würden.
Nach bezahltem Mittagessen in der Luxuskantine wurden wir in den Tag entlassen (mehr Kaffee hätte mein kleiner Cappuccino-erprobter Körper auch nicht mehr ausgehalten…) und durften nach Hause tappsen.
Richtig los schließlich gings heute Morgen um 9 Uhr und in aller Frühe (nicht jedoch Frische) und mit Headsets bewaffnet überfielen wir die ersten Telefonopfer. Sieben Stunden am Tag versuchen wir ab jetzt im Auftrag eines kapitalistischen, globalen Computerunternehmens herauszukriegen, welche Unternehmen in Deutschland wieviele und welche Arten von Servern benutzen. Sinn macht das vor allem, wenn man sich an mittlere bis größere Unternehmen mit eigenen EDV-Abteilungen wendet. Weniger Sinn macht das jedoch, wenn man (wie wir bis jetzt) kleinere bis Mini-Unternehmen anruft – Typ Gardinennäherei oder Tankstelle. So richtig nen Computer haben die nämlich nicht, geschweige denn ne eigene EDV-Abteilung. Und nach Servern zu fragen lohnt sich da schon gar nicht.
Besonders gerne spuckte uns der Computer heute auch Telefonnummern von Baustellen aus – wie zum Beispiel die eines meiner Telefonopfer aus dem Kreis Solingen:
„Guten Tag“, sag ich, „ich bin von der Firma XXX in Paris und wir machen eine Umfrage zu Computerservern…“
„Janz schlecht, janz schlecht“, entgegnet sofort der junge Mann am anderen Ende, „wir sind hier am Aaaarbeiten.“
Und ich: „Ja, aber ich doch auch!“
Und er wieder: „Ja, aber schleppen hier gerade janz schwere Jeräte hin und her – janz schlecht ist das gerade…“
„Na jut“, lenke ich ein, „dann wünsch ich Ihnen noch nen janz schönen Tach…“
L.
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