Stars und Sternchen…

…haben wir neulich bei der Pariser Fashion Week gesehen. Zumindest unbewussterweise.

Trubel am Eingang des Jardin des Tuileries am Place de la Concorde. Männer in Anzügen mit Wollmützen auf dem Kopf; andere, die sich Schals übers Haar gelegt haben und leicht pharaonisch über den Platz schweben; Pärchen, die mit ihrem schwarz-roten Plüsch-Outfit inklusive Korsett und Regenschirm aus schwarzer Spitze einem anderen Jahrhundert entsprungen zu sein scheinen.

Und sie alle sind hier für die Sonia-Rykiel-Show, die in circa einer halben Stunde in dem großen, schwarzen Zelt am Rande des Platzes losgehen wird. So auch wir, ein Drehteam aus rund einem Dutzend Leuten – sechs Kinder, der Rest Erwachsene. Über das Wochenende begleite ich den Trupp, helfe ihnen beim Dreh einer Modesendung. Gerade sind die Kiddies mit Digital-Kameras auf der Jagd nach neuen Trends.

Unter ihren Photoopfern sind Frauen in 15-Zentimeter hohen Plateau-Schuhen, die am Rande der Menge mit schüchternem Augenaufschlag und geschürzten Lippen auf ihren großen Augenblick warten. Doch außer von unserem Trend-Team werden sie nur manchmal von professionellen Photographen ins Ziel genommen.

„Hier ist aber auch viel Kraut dabei“, raunt mir da M. zu, selbst Designerin und elegant in schwarz gekleidet. Unser beider Blick fällt auf eine extrem schlanke Asiatin, die in ein langes, grünes Kleid mit bunten Flecken gehüllt ist. Sie scheint merkwürdig groß – als ob man mal eben fünf Zentimeter in ihren Waden eingesetzt hätte. „Das kann wirklich sein“, meint M. „Denn nach soner OP haben die immer ganz seltsame Proportionen.“

Unsere Analyse wird jäh unterbrochen, als ein schwarzes Auto langsam in die Menge hineinfährt. Mädels fangen an zu kreischen, übertönen das nun frenetische Klicken der zahlreichen Photoapparate, als ein schwarzer, nicht sehr großer Mann mit kurzen Haaren und Sonnenbrille aus dem Wagen steigt. Süffisant lächelnd und mit halb geschlossenen Lidern bewegt er sich langsam vom Auto weg…auf uns zu!

Die kreischende Menge wabert mit ihm in unsere Richtung, so dass wir auf einmal von ihr umgeben sind und der gerade noch (in unserer Ecke) reichlich vorhandene Platz beklemmend rar wird. Das Objekt der Begierde steht nur noch einen Meter von uns entfernt. Da bleibt er erstmal und grinst verührerisch (?) bei jedem Kameraklick.

Doch M. und ich haben Gedanken aus einem Guss. „Who are you?“ fasst sie sie in Worte und guckt den Monsieur eindringlich an. Das findet der Held vor uns nicht wirklich komisch. Er lächelt verächtlich, dreht seinen Kopf erhaben über die rechte Schulter und … bleibt immer noch vor uns stehen, im Rampenlicht.

Da nutzt M. die Gunst der Stunde, F. (der zweite Designer unseres kleinen Trupps) zückt kreischend den Photoapparat und drückt wie wild auf den Ablöser, während M. sich vor den nicht ganz unbekannten Rapper schmeißt. Sie beugt sich leicht nach hinten, gleicht durch ihre halb eingeknickten Knie (fast) die etwa zehn Zentimeter Größenunterschied mit dem jungen Gott aus und macht das Victory-Zeichen.

Auch ich werde nun aktiv eingebunden in das Photoshooting, und ein Fan nach dem anderen drückt mir seine Kamera in die Hand, dessen Auslöser ich gefllissentlich zielend abdrücke.

Doch so schnell wie das Spektakel anfing, ist es auch wieder vorbei, und fünf Minuten später stehen wir wieder alleine in unserer Ecke. „Aber, wer war das denn jetzt?“ frage ich einen der Umstehenden, für den ich eben die Photographin gespielt habe. „Hmm“, bekomme ich als Antwort. „Jaycee glaube ich, bin mir aber nicht sicher“, murmelt er und schlendert davon.

Inzwischen hat sich das scharze Sesam geöffnet und ein Teil der Menge drängt hinein. Wir, die wir keine Karten für die Show haben, bleiben mit mindestens zwei Dutzend Menschen auf dem Platz zurück. Einige Fashionfans schlurfen langsam in Richtung Louvre davon. Touristen mischen sich unter die Menge und fragen uns verwirrt „Entschuldigung, was is’n hier los?“ Ein paar der Diven stehen noch immer am Rand des Platzes, in ihrer Pose mit geschürztem Mund. Doch das Klickgewitter hat sich längst ins Innere des Zeltes verlagert…

L.