…war der Tenor einer etwas anderen Messe, der ich neulich im kleinen Paris beiwohnen durfte.
Eigentlich ja eine Kirche wie jede andere, denke ich als, ich über die Türschwelle der Église Saint Rita im 15. Arrondissement von Paris trete. Dann fällt mein Blick auf die zahlreichen Poster von Michael Jackson, die an den vorderen und seitlichen Wänden der ansonsten mit Heiligenfiguren leicht vollgestopften Kirche hängen.
Es sind kaum noch Plätze frei auf den braunen Holzbänken und -stühlen: Frauen und Männer allen Alters drängen sich darauf. Sie tragen T-Shirts, Schlüsselbänder und Hüte mit Bildern ihres Idols darauf – und mit Sprüchen wie „Michael Jackson Forever“ und „The King lives„. Eine Mutter in der dritten Reihe hat ganz rotgeweinte Augen. Immer wieder verzieht sich ihr Gesicht im Schmerz, sie schluchzt verzweifelt. Da können auch ihre zwei Kinder, die sich abwechseln auf ihren Schoß schieben, kaum Trost spenden.
In einer der hinteren Reihen steht ein dunkelhäutiger Mann im schwarzen Anzug, mit schwarzem Jackson-Hut und dunkler Sonnenbrille. Scheinbar unbeteiligt guckt er dem Treiben zu.
Dann ertönen die ersten Orgeltöne, eine Seitentür geht auf und drei in grün gekleidete Geistliche kommen heraus. Als sie vorne am Altar angekommen sind, verstummt die Orgelmusik. Der Priester nickt einem in dicken Wollpulli und braune Wollmütze gepackten jungen Mann in der rechten vorderen Ecke zu. Der drückt auf den Knopf einer Stereo-Anlage und aus den überall in der Kirche verteilten Boxen klingen die ersten Töne des Liedes „Heal The World„.
Aus der bisher betretenen Stille wird ein leises, dann lauter werdendes Murmeln und Singen. Die Besucher schunkeln zu der Musik hin und her. Selbst der Mann in Hut und Sonnenbrille tippt langsam von einem Fuß auf den anderen, seine Lippen bewegen sich zur Musik. Aus der dritten Reihe ist mehr verzweifeltes Schluchzen zu hören. Am Ende des Liedes scheinen die Fans fast in Trance, halten sich an den Händen, umarmen sich.
Dann verstummt die Musik, der Priester ergreift das Wort. Zunächst hält er eine lateinische Predigt , alles sieht wieder aus wie eine ganz gewöhnliche Messe. Die Besucher werden still, gucken aufmerksam der Zeremonie vorne zu.
Etwa eine halbe Stunde später wendet sich der Priester seinem Publikum zu, atmet einmal tief durch und sagt: „Wir sind heute hier zusammengekommen, um einem ganz besonderen Menschen zu gedenken, Michael Jackson.“ Dann spricht er circa 20 Minuten vom Leben des Kings of Pop und seinen menschlichen Qualitäten. Und fügt hinzu: „Lang lebe Michael Jackson.“
Die Besucher erheben sich und stimmen das Lied „Will you be there“ an.
Mehrere andere Lieder folgen – jedes von Klatschen und Tanzen begleitet:
Während im Hintergrund weiter Jackson-Musik läuft, bildet sich kurze Zeit später eine lange Schlange bis hin zum Altar. Einem Jackson-Fan nach dem anderen gibt der Priester das Abendmahl. Gleich hinter ihm steht eine weiße Michael-Jackson-Büste, neben der kurz danach Fans für Photos posieren:
Und während im Hintergrund ein Jackson-Lied nach dem anderen läuft, bewegen sich kurz danach die Fans leicht tänzelnd und summend mit verklärten Gesichtern zur Tür hinaus…
L.